Update: Kreditmärkte im Umbruch – müssen Banken Zinsen für Kredite zahlen?

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In einem weiteren Urteil zu negativen Zinsen hat das OLG Düsseldorf einen Anspruch auf Zahlung negativer Zinsen mit inhaltlich interessanten Erwägungen abgelehnt.

Kurz zusammengefasst:  In einem weiteren Urteil zu negativen Zinsen hat das OLG Düsseldorf einen Anspruch auf Zahlung negativer Zinsen mit inhaltlich interessanten Erwägungen abgelehnt. Zu beachten ist, dass das Gericht in starkem Maße auf die Umstände der Transaktion und die Marktlage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages abstellt, in dem negative Zinsen kaum vorstellbar waren. Daher sind die Parteien gut beraten, weiterhin auf die Formulierung der entsprechenden Klauseln bei der Gestaltung und Verhandlung von Darlehensverträgen nach deutschem Recht zu achten, bis möglicherweise eine BGH-Entscheidung Klarheit bringt.

Im Oktober vergangenen Jahres berichteten wir über die jüngste Rechtsprechung bezüglich negativer Leitzinsen (Newsletter Oktober 2021). Das darin aufgegriffene Urteil des LG Düsseldorf vom Juni 2020 (2b O 254/18) wurde nun in nächster Instanz vom OLG Düsseldorf im Oktober 2021 (5 U 29/21) mit inhaltlich interessanten Erwägungen bestätigt.

Das LG Düsseldorf lehnte den Anspruch auf Zahlung negativer Zinsen ab und führte dazu aus, dass die Parteien bei Vertragsschluss einvernehmlich davon ausgegangen waren, dass nur seitens des Darlehensnehmers Zinsen gezahlt werden sollten und diese Zinszahlungspflicht bei entsprechender Entwicklung des Zinssatzes im für den Darlehensgeber schlechtesten Fall lediglich ausbleiben könne.

Dieser Auffassung folgt nun das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung. Das Gericht argumentiert, dass der Vertrag dahingehend auszulegen ist, dass konkludent eine weitere Zahlungspflicht des Darlehensgebers – neben der Kapitalüberlassung – ausgeschlossen werden sollte. In dem Vertrag hatten die Parteien in betroffener Klausel vereinbart, dass „das Darlehen […] jährlich zu verzinsen ist“. Nach der Wortherkunft sowie dem historischen Verständnis des Wortes „Zins“ hat der Zinsschuldner eine Leistung an den Zinsgläubiger zu erbringen, so das OLG Düsseldorf. Dies führt im Umkehrschluss dazu, dass der Zinsgläubiger etwas aufgrund der Zinszahlungspflicht von dem Zinsschuldner erhält. Dies entspricht auch der Regelung des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB: Der Darlehensnehmer ist dem Darlehensgeber zur Zinszahlung verpflichtet. Eine Zahlungspflicht des Darlehensgebers an den Darlehensnehmer sieht das gesetzliche Leitbild des Darlehensvertrages hingegen nicht vor.

Dass diese Auslegung der Zinsklausel aber nicht die einzige mögliche Auslegung des Vertrages ist, räumt auch das OLG Düsseldorf ein. Jedoch waren die Zinsklausel wie auch der zugrunde liegende Schuldscheinvertrag vom Darlehensnehmer gestellt und unstreitig als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren. Die sich zu Lasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB führt nach Urteil des OLG Düsseldorf nun dazu, dass die für den Darlehensgeber günstigere Auslegung für die Entscheidung zugrunde gelegt wurde.

Das Gericht führt weiter aus, dass für die Auslegung einer Vertragsklausel auf den Zeitpunkt der Einbeziehung in den Vertrag abzustellen ist. Die Parteien wendeten im Jahr 2004 den Begriff des Darlehensvertrags nach Auffassung des Gerichts in seiner gesetzlichen Bedeutung an, die darauffolgenden Entwicklungen bezüglich der Negativzinsen waren zum damaligen Zeitpunkt noch für niemanden absehbar.

Aufgrund der Auslegung der Zinsgleitklausel – gerade auch vor dem Hintergrund des Zeitpunktes des Vertragsschlusses – ist somit ein Anspruch auf Zahlung der negativen Zinsen zu verneinen.

Die Revision der Entscheidung des OLG Düsseldorf ist derzeit noch beim BGH anhängig.

Vor dem Hintergrund der noch ausstehenden BGH-Entscheidung sowie der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Umstände zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages und zudem der Besonderheit des dargestellten Falles, dass die Darlehensbedingungen vom Darlehensnehmer gestellt wurden, ist es aus unserer Sicht für die Parteien eines Darlehensvertrags weiterhin ratsam, ihre Verträge so zu gestalten, dass sie eine Reglung für die Möglichkeit eines negativen Leitzinses ausdrücklich enthalten.

In vielen Darlehensverträgen wurden in den vergangenen Jahren „zero floor“-Klauseln aufgenommen, mit denen sich die Parteien auf eine „Nulluntergrenze“ für den Leitzins oder einen Mindestzinssatz geeinigt haben.

Bei allen neu abzuschließenden Darlehensverträgen sollte diese Praxis beibehalten werden. Alternativ sollten die Parteien im Darlehensvertrag ausdrücklich den umgekehrten „Zinsfluss“ als Gegenleistung für die Einlage von Kapital beim Darlehensnehmer vorsehen, wenn dies gewünscht sein sollte.

Bei weiteren Fragen hierzu wenden Sie sich gerne an Ihre Ansprechpartnerin oder Ihren Ansprechpartner bei EHLERMANN RINDFLEISCH GADOW oder an Hendrik Brauns or Dr. Hauke Rittscher.