Update zu Strafverfahren wegen unzulässiger Verschrottung von Schiffen

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Es gibt neue Entwicklungen zu einzelnen vor dem Landgericht Hamburg und dem Amtsgericht Rendsburg laufenden Strafverfahren.

Kurz zusammengefasst: Es gibt Neuigkeiten in einigen laufenden Strafverfahren zum illegalen Schiffsrecycling. Die Entscheidungen des Landgerichts Hamburg und des Amtsgerichts Rendsburg könnten mehr Klarheit darüber bringen, unter welchen Voraussetzungen Schiffsverkäufe nach deutschem Recht strafbedroht sein könnten.

 

Landgericht Hamburg:

Das Landgericht Hamburg hat Anfang April 2025 die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen zwei Beschuldigte in einem Strafverfahren wegen unzulässiger Verschrottung von Schiffen abgelehnt. Den Beschuldigten wurde zur Last gelegt, Ende 2016 an dem Verkauf eines Containerschiffes einer Hamburger Reederei an einen Cash Buyer aus Hong Kong mitgewirkt und somit die spätere Verschrottung des Schiffes an einem indischen Strand billigend in Kauf genommen zu haben. Das Schiff ist nach dem Verkauf von Italien nach Indien verbracht und dort abgewrackt worden.

Das Landgericht Hamburg entschied nun, dass das deutsche Abfallverbringungsgesetz, welches die Strafnorm für illegale Abwrackung enthält, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Das Hauptverfahren könne in diesem Fall daher nicht eröffnet werden.

Zu der Anwendbarkeit des Abfallverbringungsgesetzes bei Schiffsverkäufen herrscht Uneinigkeit. Während die Staatsanwaltschaften in mehreren laufenden Verfahren von der Anwendbarkeit des Abfallverbringungsgesetzes bei Schiffsverkäufen ausgehen, argumentieren die Strafverteidiger von ROXIN (vgl. Altenburg/Kremer in wistra 2023, 133 ff..) u.a., dass das Abfallverbringungsgesetz zumindest dann nicht anwendbar sei, wenn sich das Schiff während oder nach Fassung des Verkaufsentschlusses nicht in deutschen Hoheitsgewässern befunden habe. In diesen Fällen sei das Tatbestandmerkmal der "Verbringung von Abfällen in das, aus dem oder durch das Bundesgebiet" nicht erfüllt.

Das Abfallverbringungsgesetz sei nach der Begründung des Landgerichtes unter Verweis auf die Auffassung von ROXIN nur dann auf Schiffsverkäufe mit anschließender illegaler Abwrackung anwendbar, wenn
 
1.    mit einem Schiff der Übertritt einer bundesdeutschen Grenze zumindest geplant ist und
2.    das Schiff spätestens zum Zeitpunkt dieses Grenzübertrittes als Abfall zu qualifizieren ist.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat gegen den Nichteröffnungsbeschluss des Landgerichtes sofortige Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht Hamburg wird nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden.

Sollte das Oberlandesgericht sich der Argumentation des Landgerichtes anschließen, wäre dies zumindest ein Hinweis, wie die Justiz zukünftige Scrapping-Fälle beurteilen könnte. Nach der Entscheidung eines Verkäufers, das Schiff an einen Käufer zu verkaufen, der eine Verschrottung des Schiffes plant, ist anzunehmen, dass Ermittlungsbehörden das Schiff als Abfall qualifizieren. Sobald das Schiff Abfall im Sinne des Abfallverbringungsgesetzes ist, droht eine Strafbarkeit, wenn sich das Schiff dann oder zu einem späteren Zeitpunkt in deutschen Gewässern befindet und schließlich auf einer nach europäischem Recht nicht zugelassenen Recyclingwerft verschrottet wird. Welche konkrete Handlung dazu führt, dass das Schiff als Abfall im Sinne des Abfallverbringungsgesetztes zu betrachten ist, bleibt unklar. Das Landgericht Hamburg legt in dem Beschluss allerdings dar, dass es ab Annahme des Kaufangebotes das Schiff als Abfall im Sinne des Abfallverbringungsgesetzes ansehen würde. Das Kaufangebot wurde laut der Begründung des Gerichts in diesem Fall zeitlich bereits vor Fassung des Gesellschafterbeschlusses und Zeichnung des Kaufvertrages angenommen.

 

Amtsgericht Rendsburg:

Vor dem Amtsgericht Rendsburg hat nunmehr die Hauptverhandlung in einem Strafprozess begonnen. Auch in diesem Fall befand sich das Schiff zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht in deutschen Hoheitsgewässern. Es wird berichtet, dass das Gericht bereits am ersten Verhandlungstag Zweifel an der Argumentation der Staatsanwaltschaft geäußert hat, dass das Abfallverbringungsgesetz vorliegend anwendbar sei. Eine Entscheidung wird kurzfristig erwartet. Der nächste Verhandlungstag ist für den 30. April 2025 angesetzt.

 

Wir halten Sie über den Fortgang der weiteren Scrapping-Verfahren auf dem Laufenden. Bei Fragen sprechen Sie gerne jederzeit Ihre Kontaktperson bei EHLERMANN RINDFLEISCH GADOW oder Maje Tode oder Hanno Geißler an.