Neue Strafen für unzulässige Verschrottung von Schiffen
Die Europäische Union hat die bestehende Richtlinie zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt (RICHTLINIE (EU) 2024/1203, nachfolgend "Richtlinie 2024") angepasst und deutlich erweitert. Dies wird zukünftig den Druck auf Schiffseigentümer, Vertragsreeder und Schiffsmakler erhöhen, Schiffe regelkonform zu recyclen. In diesem Newsletter fassen wir die Änderungen der Rechtslage für Sie zusammen.
Kurz zusammengefasst: In diesem Jahr hat die Europäische Union die bestehende Richtlinie für den strafrechtlichen Schutz der Umwelt aktualisiert und deutlich verschärft. Die Richtlinie 2024 enthält neue Vorgaben zur strafrechtlichen Durchsetzung der geltenden Regelungen hinsichtlich der Verschrottung von Schiffen, die die Mitgliedsstaaten bis spätestens zum 21. Mai 2026 umzusetzen haben. Bisher bestehende Unklarheiten, ob und unter welchen Umständen die Verschrottung von Schiffen zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können, dürften sich mit Umsetzung der Richtlinie 2024 erledigen. Mit diesem Newsletter geben wir Ihnen einen Überblick über die bevorstehende Änderung der Rechtslage. Neu ist insbesondere die ausdrückliche Strafbarkeit des Schiffsrecyclings auf nicht zugelassenen Werften, drohende Strafzahlungen und die Möglichkeit der Abschöpfung von Gewinnen.
Was gilt heute?
Aktuell werden zahlreiche Umweltstraftaten durch die Verordnung über die Verbringung von Abfällen aus dem Jahre 2006 (VERORDNUNG (EG) Nr. 1013/2006) und die nationalstaatliche Umsetzung der Richtlinien zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt aus den Jahren 2008 (Richtlinie 2008/99/EG) und 2009 (Richtlinie 2009/123/EG) erfasst und in Deutschland durch das Abfallverbringungsgesetz umgesetzt.
Um Mindeststandards zum Schutz von Mensch und Umwelt in Europa zu etablieren, gilt bereits seit 2013 die Verordnung über das Recycling von Schiffen (VERORDNUNG (EU) Nr. 1257/2013, nachfolgend "SchiffsrecyclingVO"). Die Verordnung regelt das beim Verschrotten von Schiffen einzuhaltende Verfahren. Gemäß der Verordnung dürfen Schiffe nur auf durch die Europäische Union zertifizierten Werften recycelt werden.Werften aus Indien, Pakistan und Bangladesch, die den Großteil der weltweiten Alttonnage verschrotten, wurden bisher nicht zertifiziert.
Verstöße gegen die SchiffsrecyclingVO wurden bisher durch den deutschen Gesetzgeber nicht ausdrücklich unter Strafe gestellt. Aktuell laufen in Deutschland strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Personen, die in Schiffsverkäufe involviert waren, die im Anschluss in Fernost verschrottet wurden. Da die derzeitige Rechtslage unklar ist, wird eine gerichtliche Entscheidung hierzu mit Spannung erwartet.
Was wird sich ändern?
Die Richtlinie 2024 enthält strengere Regeln zur Verfolgung von Straftaten gegen die Umwelt und ersetzt die bisher geltenden Richtlinien aus den Jahren 2008 und 2009.
Die Anzahl der in der Richtlinie 2024 enthaltenen Straftatbestände hat sich mehr als verdoppelt und die drohenden Sanktionen wurden deutlich erhöht. Zum ersten Mal soll das Recycling von Schiffen auf nicht zertifizierten Werften explizit strafbar werden (vgl. Art. 3 II h der Richtlinie 2024).
Bei einem Verstoß gegen die SchiffsrecyclingVO droht natürlichen Personen in Zukunft eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf (5) Jahren. Die Nationalstaaten können allerdings auch eine höhere Höchststrafe vorsehen. Anstiftung und Beihilfe zu einer solchen Tat sollen ebenfalls unter Strafe gestellt werden. Darüber hinaus soll gegen natürliche Personen auch ein Verbot der Bekleidung von Leitungspositionen und öffentlichen Ämtern verhängt werden können.
Neben Sanktionen gegen natürliche Personen sollen auch Sanktionen gegen juristische Personen verhängt werden können. Das bisherige Bußgeld bei Straftaten gegen die Umwelt von bis zu EUR 10.000.000 soll auf bis zu 5 % des weltweiten jährlichen Gesamtumsatzes der von der Straftat profitierenden Gesellschaft oder maximal EUR 40.000.000 deutlich erhöht werden. Des Weiteren sollen die finanziellen Vorteile einer Transaktion eingezogen und die Verpflichtung zur Beseitigung von dadurch entstanden Umweltschäden angeordnet werden können.
Die Richtlinie 2024 verpflichtet alle Mitgliedsstaaten, die jeweiligen Strafgesetze innerhalb von zwei (2) Jahren bis zum 21. Mai 2026 richtlinienkonform anzupassen.
Neben den beschriebenen Neuerungen wird am 26. Juni 2025 zudem die "Hong Kong International Convention for the Safe and Environmentally Sound Recycling of Ships" (nachfolgend "HKC") in Kraft treten. Die SchiffsrecyclingVO und deren nationalstaatliche Umsetzung durch die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sowie die HKC stehen in Zukunft nebeneinander. Wichtig ist, dass eine nach der HKC zertifizierte Werft nicht unbedingt auch die Anforderungen der SchiffsrecyclingVO erfüllt. Eine strafrechtliche Verfolgung kann also trotzdem drohen.
Fazit
Nach Umsetzung der Richtlinie 2024 wird das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung von Verstößen gegen die SchiffsrecyclingsVO voraussichtlich deutlich steigen. Es wird erwartet, dass dies großen Einfluss auf die bisherige Praxis der Schiffsverschrottung an den Stränden Asiens haben wird.
Es ist Unternehmen und deren Entscheidern dringend zu raten, den Stand der strafrechtlichen Umsetzung im Blick zu behalten und bei geplanten Schiffsverkäufen zu berücksichtigen.
Wenden Sie sich bei Fragen gerne an Ihre Ansprechpartnerin oder Ihren Ansprechpartner bei EHLERMANN RINDFLEISCH GADOW oder an Maje Tode oder Hanno Geißler.