EU-EHS – NEUESTE ENTWICKLUNGEN

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Wir geben Ihnen einen Überblick über die Auswirkungen des Entwurfs der Durchführungsverordnung, die am 1. September 2023 von der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit dem EU-EHS veröffentlicht wurde und in der klargestellt wurde, dass wohl der Schiffseigner die verantwortliche Person für die Erfüllung der EU-EHS-Verpflichtungen gegenüber den Mitgliedstaaten sein wird.

Kurz zusammengefasst:  Ab dem 1. Januar 2024 wird das Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU-EHS) auf Treibhausgasemissionen der Schifffahrtsindustrie erweitert. Während Verhandlungen zwischen Schiffseignern, Schiffsmanagern und Befrachtern über die Aufnahme entsprechender EU-EHS-Klauseln in die Verträge Anfang des Jahres begonnen hatten, blieb die für Diskussionen sorgende Frage offen, wer für die Einreichung von Zertifikaten bei den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) verantwortlich sein wird: der Schiffseigner oder der Manager? Am 1. September 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission einen ersten Entwurf einer Durchführungsverordnung, aus dem hervorgeht, dass es voraussichtlich der Schiffseigner sein wird. Dies bedeutet, dass der Schiffseigner die verantwortliche Person sein wird, die alle Verpflichtungen im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems erfüllen muss, es sei denn, der Schiffseigner hat diese Verantwortung vertraglich an einen Dritten übertragen. In diesem Newsletter geben wir einen Überblick über die Auswirkungen dieses Ansatzes und über die Fragen, die bei Vertragsverhandlungen in diesem Zusammenhang zu beachten sind.

AUSWIRKUNGEN DES ENTWURFES DER DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG

Der lang erwartete Entwurf der „Durchführungsverordnung (EU) der Kommission zur Festlegung der Vorschriften für die Anwendung der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates im Hinblick auf die Verwaltung von Schifffahrtsunternehmen durch Verwaltungsbehörden in Bezug auf ein Schifffahrtsunternehmen“ (der „Entwurf der Durchführungsverordnung“) wurde von der Europäischen Kommission am 1. September 2023 veröffentlicht und soll im vierten Quartal 2023 von der Europäischen Kommission erlassen werden. Obgleich der Entwurf noch geändert werden kann, gibt er allen Beteiligten wichtige Hinweise für die Umsetzung des EU-EHS.

Der Entwurf der Durchführungsverordnung stellt klar, dass grundsätzlich der registrierte Schiffseigner für die Einreichung der erforderlichen Emissionszertifikate bei der zuständigen Verwaltungsbehörde im jeweiligen Mitgliedstaat verantwortlich ist, sofern keine anderweitige vertragliche Vereinbarung getroffen wurde. Dies kam durchaus überraschend, da sich der Begriff „Schifffahrtsunternehmen“ im maritimen Recht und auch im EU-Kontext grundsätzlich auf die Person bzw. Organisation bezieht, die mit allen Pflichten und Verantwortlichkeiten betraut ist, die durch den Internationalen Code für Maßnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs und zur Verhütung der Meeresverschmutzung (ISM-Code) auferlegt werden, was in der Regel der Compliance-zertifizierte Manager des Schiffs ist.

In Anbetracht der Konsequenzen, die sich aus der Übernahme der Verantwortung für die Einhaltung der EU-EHS-Verpflichtungen ergeben, hat die Europäische Kommission jedoch einen anderen Ansatz gewählt. Dieser Ansatz führt zu drei grundsätzlichen Optionen für die beteiligten Parteien:

(1) Der Schiffseigner bleibt die verantwortliche Person für die Erfüllung der EU-EHS-Verpflichtungen, d. h. für die Einhaltung der nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2003/87/EG und für die Abgabe von Zertifikaten an die verantwortliche Verwaltungsbehörde.

(2) Der Schiffseigner überträgt nicht nur die Verantwortung für die Einhaltung der Verpflichtungen unter dem ISM-Code, sondern auch für die Einhaltung der EU-EHS-Verpflichtungen auf eine andere Person oder Organisation, wie zum Beispiel den Manager oder Bareboat-Charterer. Der Entwurf der Durchführungsverordnung sieht formale Anforderungen vor, die erfüllt sein müssen, um eine solche Übertragung der EU-EHS-Verpflichtungen zu vollziehen. Hervorzuheben ist, dass der Schiffseigner die Verantwortung für die Einhaltung der EU-EHS-Verpflichtungen behält, wenn die im Entwurf der Durchführungsverordnung festgelegten Anforderungen nicht erfüllt werden.

(3) Der Schiffseigner bleibt die verantwortliche Person, beauftragt aber einen Dienstleister, der ihn bei der Erfüllung aller mit dem EU-EHS verbundenen Anforderungen unterstützt, z.B. bei der Erhebung der erforderlichen Daten. Diesem Dienstleister kann auch die Befugnis erteilt werden, die erforderlichen Zertifikate im Namen des Schiffseigners zu kaufen und diese auf das entsprechende Konto zu buchen. Dabei handelt es sich in der Regel um Dienstleistungsunternehmen wie den technischen oder den Crewing Manager .

Insbesondere die in der Richtlinie 2003/87/EG vorgesehenen Sanktionen im Falle einer Nichteinhaltung der EU-EHS-Verpflichtungen machen deutlich, was eine Übernahme dieser Verpflichtungen für Auswirkungen haben kann. Das Sanktionssystem, das derzeit im Rahmen des EU-EHS gilt, wird grundsätzlich auch für die maritime Industrie gelten. Das bedeutet, dass jedes Schifffahrtsunternehmen, das bis zum 30. September eines Jahres nicht genügend Zertifikate für die Emissionen des Vorjahres einreicht, eine Strafe in Höhe von EUR 100 für jede Tonne Kohlendioxidäquivalent zahlen muss. Die Zahlung der Strafe entbindet das Schifffahrtsunternehmen jedoch nicht von der Verpflichtung, die erforderlichen Zertifikate einzureichen. Es ist vorgesehen, dass sich die Höhe der Strafe am europäischen Verbraucherpreisindex orientieren soll. Kommt ein Schifffahrtsunternehmen in zwei oder mehr aufeinanderfolgenden Berichtszeiträumen seiner Abgabepflicht nicht nach, sieht die Richtlinie 2003/87/EG vor, dass die Mitgliedstaaten als letzte Maßnahme Ausweisungsanordnungen für alle Schiffe, die zur Flotte des betroffenen Schifffahrtsunternehmens gehören, erlassen. Führt ein Schiff die Flagge eines Mitgliedstaates, soll dieser das Schiff entsprechend festhalten, bis das betroffene Schifffahrtsunternehmen seinen Abgabeverpflichtungen nachgekommen ist. Es wird erwartet, dass die Europäische Kommission weitere Durchführungsakte verabschieden wird, welche das Durchsetzungsverfahren im Detail regeln werden. Diese weitreichenden Konsequenzen im Falle der Nichteinhaltung der EU-EHS-Verpflichtungen verdeutlichen die Verantwortung, die das Schifffahrtsunternehmen als EU-EHS-Verpflichteter trägt.

FAZIT

Schiffseigner, Manager, Charterer und andere Beteiligte sollten demnach Klauseln aushandeln, die den jeweiligen Parteien zugewiesene Risiken und Verantwortlichkeiten umfassend berücksichtigen. Solche Klauseln sollten die Vor- und Nachteile und die Risiken, die mit der Wahl einer der drei oben beschriebenen Optionen verbunden sind, berücksichtigen. Der Baltic and International Maritime Council (BIMCO) hat im Jahr 2022 eine Klausel zum EU-EHS für Zeitcharter-Verträge veröffentlicht und wird voraussichtlich im vierten Quartal 2023 eine Klausel für den Schiffsmanagementvertrag SHIPMAN veröffentlichen, die jeweils als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen herangezogen werden können. Bitte zögern Sie nicht, sich bei der Abwägung Ihrer Optionen und der Ausarbeitung der entsprechenden Klauseln von uns beraten zu lassen.

Wenden Sie sich gerne an Ihre Ansprechpartnerin oder Ihren Ansprechpartner bei EHLERMANN RINDFLEISCH GADOW oder an Dr. Julia Glocke oder Hendrik Brauns.