§ 179a AktG nicht analog auf die Kommanditgesellschaft anwendbar – Rechtliche Unsicherheiten beim Kauf und Verkauf von Schiffen damit weitgehend beseitigt
Besonderes Augenmerk sollte von Anfang an auf die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages und der jeweiligen Klauseln gelegt werden.
Kurz zusammengefasst: Der Bundesgerichtshof hat seine strengen Anforderungen an Gesellschafterbeschlüsse bei der Veräußerung des gesamten Vermögens einer Kommanditgesellschaft gelockert. § 179a AktG ist danach auf die Kommanditgesellschaft nicht analog anwendbar. Für den Verkauf eines Schiffes durch eine typische Einschiffsgesellschaft (GmbH & Co. KG) besteht damit weitgehend Rechtssicherheit hinsichtlich der notwendigen Beteiligung der Gesellschafter. Ein besonderes Augenmerk sollte von Anfang an auf die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages und der jeweiligen Klauseln gelegt werden.
In der rechtlichen Kommentarliteratur bestand lange Zeit Uneinigkeit darüber, ob § 179a AktG auf die Kommanditgesellschaft analog anwendbar sei. Dafür sprach insbesondere ein Urteil des Bundesgerichtshofes („BGH“) aus dem Jahr 1995, das aber seitdem nicht mehr höchstrichterlich zur Disposition stand. Worum geht es dabei genau? Gemäß § 179a AktG bedarf ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens verpflichtet, eines Beschlusses der Hauptversammlung mit 75%-Mehrheit. Außerdem ist der Vertrag bereits im Vorfeld der Hauptversammlung zur Einsicht der Aktionäre auszulegen. Übertragen auf eine typische Einschiffsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG hätte dies bei einem Verkauf eines Schiffes (im Regelfall der einzige wesentliche Vermögenswert) bedeutet, dass der Kaufvertrag in seiner finalen Form eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses mit 75%-Mehrheit bedurft hätte. „Vorratsbeschlüsse“, auch wenn sie mit einer Mehrheit von 75% gefasst wurden, genügten daher in der Regel nicht diesen Anforderungen. Fehlte aber der nach dieser Rechtsprechung erforderliche Beschluss, wäre die Unwirksamkeit des Kaufvertrages die Folge gewesen, und zwar unabhängig davon, ob der Käufer des Schiffes Kenntnis vom Fehlen des Gesellschafterbeschlusses hatte oder nicht. Insbesondere die Einholung einer Zustimmung auf Basis des finalen Vertrages erschien allerdings praktisch angesichts der üblicherweise schnellen Durchführung einer solchen Transaktion kaum umsetzbar. Bisweilen wurden daher nachträgliche Genehmigungsbeschlüsse der Gesellschafter eingeholt.
Für die GmbH hatte der BGH bereits im Jahr 2019 entschieden, dass § 179a AktG nicht analog anwendbar sei. Diese Aussage wiederholt er nunmehr für die KG und gibt damit die alte Position aus dem Jahr 1995 ausdrücklich auf. Dies stützt der BGH im Wesentlichen darauf, dass keine für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke vorliege, da der Schutz der Gesellschafter bereits nach den bestehenden Regelungen hinreichend sei. Was bedeutet dies nun für die Praxis, insbesondere in der für die Schifffahrt besonders relevanten Situation eines Verkaufs des Schiffes als einzigem wesentlichen Vermögensgutes der Gesellschaft?
Erstens wird ein zustimmender Gesellschafterbeschluss in aller Regel weiterhin erforderlich sein, allerdings ohne die strengen formalen Vorgaben des Aktienrechts. Denn zur Vornahme eines über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehenden Geschäfts, muss die Geschäftsführung bei der Kommanditgesellschaft einen zustimmenden Beschluss aller Gesellschafter einholen, sofern nicht nach dem Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung zulässig ist. Die Verpflichtung zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens ist in aller Regel ein solches über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehendes Geschäft. Eine Ausnahme vom Beschlusserfordernis könnte sich nur insofern ergeben, als die Zustimmung der Gesellschafter bereits im Gesellschaftsvertrag selbst angelegt ist. Auch sollten sogenannte Vorratsbeschlüsse in Zukunft grundsätzlich unbedenklich sein, solange der Verkauf sich in den abgesteckten Bahnen bewegt.
Zweitens betont der BGH ausdrücklich, dass es ein wesentlicher Gedanke des Geschäftsverkehrs sei, dass die Parteien grundsätzlich auf die sich aus dem Handelsregister ergebende Vertretungsregelung vertrauen dürften. Dies gelte bei der KG im Vergleich zur AG umso mehr, als der Umfang des jeweiligen Geschäftes aufgrund der geringeren Bilanzpublizität schwerer nachzuvollziehen sei.
Drittens hat der BGH ausdrücklich offengelassen, ob auch bei einer Publikumspersonengesellschaft, bei der die Einwirkungsmöglichkeiten des Kommanditisten denjenigen eines Aktionärs vergleichbar gering sind, eine entsprechende Anwendung von § 179a AktG ausscheidet. Dies bedurfte im konkreten Fall keiner Entscheidung.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass nunmehr hinsichtlich der Beschlusserfordernisse bei einer Kommanditgesellschaft weitgehend Rechtssicherheit besteht. Ein besonderes Augenmerk sollte von Anfang an auf die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages gelegt werden. Jedoch hat sich der BGH zur Beschlussfassung in der Publikumspersonengesellschaft noch eine Hintertür offengelassen.
Bei weiteren Fragen hierzu wenden Sie sich gerne an Ihre Ansprechpartnerin oder Ihren Ansprechpartner bei EHLERMANN RINDFLEISCH GADOW oder an Dr. Carolin Schmeding oder Dr. Hauke Rittscher.