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Update: Kredit­märkte im Umbruch – müssen Banken Zinsen für Kredite zahlen?

By 4. März 2022No Comments

Update: Kredit­märkte im Umbruch – müssen Banken Zinsen für Kredite zahlen?

4. März 2022

Kurz zusam­men­ge­fasst:  In einem weiteren Urteil zu negativen Zinsen hat das OLG Düsseldorf einen Anspruch auf Zahlung negativer Zinsen mit inhaltlich inter­es­santen Erwägungen abgelehnt. Zu beachten ist, dass das Gericht in starkem Maße auf die Umstände der Trans­aktion und die Marktlage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darle­hens­ver­trages abstellt, in dem negative Zinsen kaum vorstellbar waren. Daher sind die Parteien gut beraten, weiterhin auf die Formu­lierung der entspre­chenden Klauseln bei der Gestaltung und Verhandlung von Darle­hens­ver­trägen nach deutschem Recht zu achten, bis mögli­cher­weise eine BGH-Entscheidung Klarheit bringt.

Im Oktober vergan­genen Jahres berich­teten wir über die jüngste Recht­spre­chung bezüglich negativer Leitzinsen (Newsletter Oktober 2021). Das darin aufge­griffene Urteil des LG Düsseldorf vom Juni 2020 (2b O 254/18) wurde nun in nächster Instanz vom OLG Düsseldorf im Oktober 2021 (5 U 29/21) mit inhaltlich inter­es­santen Erwägungen bestätigt.

Das LG Düsseldorf lehnte den Anspruch auf Zahlung negativer Zinsen ab und führte dazu aus, dass die Parteien bei Vertrags­schluss einver­nehmlich davon ausge­gangen waren, dass nur seitens des Darle­hens­nehmers Zinsen gezahlt werden sollten und diese Zinszah­lungs­pflicht bei entspre­chender Entwicklung des Zinssatzes im für den Darle­hens­geber schlech­testen Fall lediglich ausbleiben könne.

Dieser Auffassung folgt nun das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung. Das Gericht argumen­tiert, dass der Vertrag dahin­gehend auszu­legen ist, dass konkludent eine weitere Zahlungs­pflicht des Darle­hens­gebers – neben der Kapital­über­lassung – ausge­schlossen werden sollte. In dem Vertrag hatten die Parteien in betrof­fener Klausel vereinbart, dass „das Darlehen […] jährlich zu verzinsen ist“. Nach der Worther­kunft sowie dem histo­ri­schen Verständnis des Wortes „Zins“ hat der Zinsschuldner eine Leistung an den Zinsgläu­biger zu erbringen, so das OLG Düsseldorf. Dies führt im Umkehr­schluss dazu, dass der Zinsgläu­biger etwas aufgrund der Zinszah­lungs­pflicht von dem Zinsschuldner erhält. Dies entspricht auch der Regelung des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB: Der Darle­hens­nehmer ist dem Darle­hens­geber zur Zinszahlung verpflichtet. Eine Zahlungs­pflicht des Darle­hens­gebers an den Darle­hens­nehmer sieht das gesetz­liche Leitbild des Darle­hens­ver­trages hingegen nicht vor.

Dass diese Auslegung der Zinsklausel aber nicht die einzige mögliche Auslegung des Vertrages ist, räumt auch das OLG Düsseldorf ein. Jedoch waren die Zinsklausel wie auch der zugrunde liegende Schuld­schein­vertrag vom Darle­hens­nehmer gestellt und unstreitig als Allge­meine Geschäfts­be­din­gungen zu quali­fi­zieren. Die sich zu Lasten des Klausel­ver­wenders auswir­kende Unklar­hei­ten­regel des § 305c Abs. 2 BGB führt nach Urteil des OLG Düsseldorf nun dazu, dass die für den Darle­hens­geber günstigere Auslegung für die Entscheidung zugrunde gelegt wurde.

Das Gericht führt weiter aus, dass für die Auslegung einer Vertrags­klausel auf den Zeitpunkt der Einbe­ziehung in den Vertrag abzustellen ist. Die Parteien wendeten im Jahr 2004 den Begriff des Darle­hens­ver­trags nach Auffassung des Gerichts in seiner gesetz­lichen Bedeutung an, die darauf­fol­genden Entwick­lungen bezüglich der Negativ­zinsen waren zum damaligen Zeitpunkt noch für niemanden absehbar.

Aufgrund der Auslegung der Zinsgleit­klausel – gerade auch vor dem Hinter­grund des Zeitpunktes des Vertrags­schlusses – ist somit ein Anspruch auf Zahlung der negativen Zinsen zu verneinen.

Die Revision der Entscheidung des OLG Düsseldorf ist derzeit noch beim BGH anhängig.

Vor dem Hinter­grund der noch ausste­henden BGH-Entscheidung sowie der ausdrück­lichen Bezug­nahme auf die Umstände zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darle­hens­ver­trages und zudem der Beson­derheit des darge­stellten Falles, dass die Darle­hens­be­din­gungen vom Darle­hens­nehmer gestellt wurden, ist es aus unserer Sicht für die Parteien eines Darle­hens­ver­trags weiterhin ratsam, ihre Verträge so zu gestalten, dass sie eine Reglung für die Möglichkeit eines negativen Leitzinses ausdrücklich enthalten.

In vielen Darle­hens­ver­trägen wurden in den vergan­genen Jahren „zero floor“-Klauseln aufge­nommen, mit denen sich die Parteien auf eine „Nullun­ter­grenze“ für den Leitzins oder einen Mindest­zinssatz geeinigt haben.

Bei allen neu abzuschlie­ßenden Darle­hens­ver­trägen sollte diese Praxis beibe­halten werden. Alter­nativ sollten die Parteien im Darle­hens­vertrag ausdrücklich den umgekehrten „Zinsfluss“ als Gegen­leistung für die Einlage von Kapital beim Darle­hens­nehmer vorsehen, wenn dies gewünscht sein sollte.

Bei weiteren Fragen hierzu wenden Sie sich gerne an Ihre Ansprech­part­nerin oder Ihren Ansprech­partner bei EHLERMANN RINDFLEISCH GADOW oder an Hendrik Brauns or Dr. Hauke Rittscher.

Ihre Ansprech­partner: